Donnerstag, 28. Juli 2011

MONEYMOBIL



MONEYMOBIL oder  „Kreditentscheid in 30 Minuten“






Werbe-Schlagzeilen


„UNKOMPLIZIERT, KUNDENORIENTIERT, SCHNELL“ oder „FLEXIBEL, EFFIZIENT, VERTRAUENSWÜRDIG“ lauten die Devisen der GE MONEY BANK. Die Attribute sind beliebig austauschbar.

Kundeninformation: Die Bank „gehört zum weltweit tätigen Geschäftsbereich GE Money von GE, der General Electric Company“. Der Konzern ist „eines der grössten und renommiertesten Unternehmen der Welt“. GE Money Bank, mit Hauptsitz in Zürich und 26 Filialen in der Schweiz, ist „in den Bereichen Fahrzeugfinanzierung, Fahrzeug-Leasing, Privatkredite, Karten, Versicherungen und Sparen tätig“.

Zum Bereich „Fahrzeugfinanzierungsgeschäfte“ oder „MOTOR SOLUTIONS“ gehören „die Finanzierungen im Auto- und Motorradhandel… sowie im Freizeitbereich für Wohnwagen und Boote.“ NB: Partner der GE Money Bank ist der Touring Club Schweiz. Zusammen gewinnen beide, GE und TCS.

Information zur aktuellen Werbekampagne: Mit „Humor“  setzt die Konsumkreditbank die Devise ihrer „Unternehmenskultur“ ins schlüssige Bild um. Das Werbekonzept: „Die Protagonisten…werden quasi bereit zur Erfüllung ihrer Wünsche in die Filiale transferiert.“ Die flotte Szene am Kundenschalter und die Schlagzeile suggerieren: 30 Minuten? Nicht länger als ein Frühstück. GE zahlt fix! Die machen’s ohne Formularkram, reichen uns die Scheine gleich über den Schalter!

„HEIRATSWILLIG?“, „HOCHZEITSPLÄNE?“, „FAHRSPASS?“, „TAPETENWECHSEL?“, „SONNENHUNGRIG?“ fragen die fetten Kopfzeilen über dem Angebot. „Warten Sie nicht länger!“ Bei der Gratisnummer am Fuss liegt ein sauberes Bündel Banknoten. Liegt wie ein Gratulations-Präsent aus der Pipeline geklotzt und unterstreicht, was dem winkt, der einschlägt. Spiegelt vor, was selbstverständlich nicht zutrifft: Subito-Wunscherfüllung, gleichsam  schwupps wie im Märchen („Tischleindeckdich“!).

Zahlung in die Hand? Nein, so bestimmt nicht! Das Schweizerische Bankgesetz regelt den Kreditverkehr, wie man sich ausrechnen kann, pedantisch. Wir haben bloss durchs Werbefenster geschaut! Das reale Fenster vor dem Schalter der Filiale ist solid. Kugelsicher! Das durchs Glas abzuwickelnde Geschäft ist - im Eigeninteresse der Bank - geregelt, verlässlich, diskret. „Wir prüfen jeden Antrag mit grösster Vertraulichkeit - Ihr Arbeitgeber wird von uns nicht kontaktiert.“ Falls der Nachsatz den Kunden beruhigt, ist er an der richtigen Adresse. Kommt aber Verdacht auf, dass darin Werbung durchschlage, empfiehlt es sich, das Kleingedruckte im Vertrag vor dem Unterschreiben genau zu lesen. Dort steht neben viel Kompliziertem: „Allfällige von mir verfügte Datensperren gelten gegenüber der Bank als aufgehoben.“    

Die Bank lässt ihren „Claim“ gezielt auf das Kundensegment mit dem Sinn für ihre Art von „Humor“ los. Nach dem Vokabular der Marktsoziologen sind die Umworbenen: jung, unkompliziert, veränderungslustig. Ungefähr synonym konditioniert der Popjargon der Lifestyle-Designer die Leute als: sexy, chic, trendy. Bank und Kundschaft erfüllen wechselseitig ihre Erwartungen: „Zusammen gewinnen wir!“ flattiert vertrauenweckend-solidarisch der Prospekt.  



Die Honeymooner - ein Szenenskript der Werbekampagne


ER:  Ferienhochzeiter, rotweiss kariertes Sportshemd, leger über die Taille getragen, rechter Ärmel hochgekrempelt, am losen linken die Braut eingehakt, Kragen offen, Zylinder salopp in den Nacken geschoben, lockere Jeans, leichte Loafers, grosse Einkaufstasche an rechter, Brautstrauss in linker Hand.

SIE:  Dame, Tüllfülle des Brautkleids über linken Arm geworfen, Brautschleier noch keck auf Chignon gesteckt, ärmelloser Dress, sommerlich-elegant, hauteng, knielang, ärmellos,  trendig gemustert, pink und blau, goldene Sandaletten-Pumps, schlanker Absatz, apart.

SIE und ER. Pose: Das Geschäft ist abgeschlossen. ER steht neben dem Bankschalter auf seinen platten Loafers wie ein angewurzelter Hans im Glück und strahlt seine Braut an.  SIE ergreift wie es scheint die Initiative, setzt resolut einen goldenen Stöckelschuh vor und zieht ihren Hochzeiter zur Zweckerfüllung ihrer gemeinsamen Verträge fort. SIE ist schliesslich die Prinzessin in diesem Sommer-Werbemärchen.    

Der Private-Banker im tadellosen Anzug wünscht mit aufgesetztem Lächeln kombiniert versichertes Reise- und Eheglück. Lächelt er dem Paar zu oder dem Bildschirm? Er ist auf allen Varianten des Posters nichts als die exakte Kopie seiner selbst. Ein siebenmal austauschbarer Private-Banker eben.

Für das Paar beginnt die mit Hilfe der speditiven Bank gebuchte Hochzeitsreise. Jetzt - und einmalig! „Frisch getraut“ im geleasten Kabrio zum 5-Stern-Billigluxus mit Aquapark in der zugebunkerten Megalopolis an der COSTA SMERALDA oder DORADA irgendwo.

Mitmachen ist halb gewonnen. Halbe-Halbe. Leistung auf Vorschuss. Die Bank hat dem jungen Hochzeiter auf seinen Wunsch Arbeit und Kreativität abgekauft. Gezahlt wird später, vertraglich geregelt. Die abgegriffene Geschichte. Das Märchen ist formelhaft, es zieht aus seinem Plot keine Moral. Das Werbemärchen schliesst jedenfalls - gesichertes Einkommen voraussetzend - wie jedes Märchen glücklich. „Der Krug geht zum Brunnen, bis er…“ Die unglückliche Variante  passt nicht zur Gattung. Manchmal aber zerbricht ein Traum.

Die Rechnung zahlt sich, sofern der Markt nicht einbricht. Die Gewinnmarge der Bank ist hoch, zwischen 10 und 15 %! (Ohne die Prämie der freiwilligen Ratenversicherung von 8% der Kreditrate monatlich und eventuelle Gebühren.) Die Erwartung des ebenso konsum- wie demokratie-verwöhnten Kunden steht in perfekter Symmetrie zum Angebot und hält den Markt im Aufschwung. Die faulen Anlagen sind abgestossen, das Geld ist wieder geschäftig - und sauber.





Traumtänzer auf gläsernen Wunschwürfeln


„SPIELRÄUME SCHAFFEN“, „FLEXIBILITÄT GEWINNEN“, „BEWEGUNGSFREIHEIT ERHALTEN“, „WÜNSCHE ERFÜLLEN“. Die Schlagzeilen der Barkredit-Prospekte animieren die TraumtänzerInnen auf kompakten durchsichtigen Kuben. Alle möglichen Anschaffungen und Freiheiten projeziert ihre Fantasie im Innern der himmelblauen Glaskörper: das Riesenplauschsofa aus weissem Velourleder, das magischweiss glänzende 250 PS Sportkabrio, den Skispass im stiebenden Pulver, das eigene Ferienappartement in der blendenden Arena, das spiegelnden Meer und das Flüstern einer sanften Brise im Haar und im weissen Sand.


„DIESEN SOMMER WILL ICH MEIN CABRIO!“ sagt die innere Stimme des smart gekleideten jungen Mannes auf dem Poster im Korridor zum panzerverglasten Schalter der Filiale, hinter welchem den Besucher ein freundliches Lächeln empfängt. Er hätte zwar auf die angebotene Diskretion bauend seinen Antrag „schneller über gemoneybank.ch“ schicken können, aber er hat noch ein paar Fragen.

Kredit, weiss er, hält die Produktivität in Gang, treibt den Konsumkreislauf, generiert Arbeit und Wachstum. Kredit generiert aber auch metastatisch wachsende Risiken. Das weiss er nicht erst seit attraktiv verpackte, wenn auch komplexe Invest-Angebote undurchsichtige Riesenblasen erzeugten, unter denen sich Hoffnungen verflüchtigten und unzählige Träume wie venezianisches Glas zerschlugen. Fliesst Kredit - disproportional zunehmend - in unproduktives „Machwerk“, also in Status und Komfort, welche das Selbstinteresse der Konsumenten (die kapitalistische Triebkraft) bedienen, aber weder ökonomisch noch kulturell mehr als einen marginalen Nutzwert haben, dann wird der Kreislauf zum Leerlauf. Das Getriebe klickt aus. Der Vorgang ist unberechenbar. Finanzinstitute verwandelten sich 2009 zu Glasbläsereien im globalen Massstab!



Zurück zum Honeymoon-Kredit


Die alte Geschichte.  ER, der Hochzeiter, ist eher der tumbe Bauernsohn des Märchens als  SIE, die resolute Braut, etwa gerade eine Boulevard-Prinzessin. Die Kreditbank schiesst den Preis der im Märchen zu leistenden Arbeiten vor. Der Barkredit ist gleichsam der Vorschuss auf die riskante Leistung, durch welche der Märchenheld sein Leben, die Prinzessin und die Anwartschaft auf ihr Erbe erst gewinnen muss. Das Pärchen leiht sein Glück in der Form eines Kredits, den es gemäss dem Vertrag mit Schuldzinsen zu 10 bis 15 % (nach Wahl) zurückzahlt. Einen Achtel der Kreditsumme beansprucht im Durchschnitt (ohne Gebühren) die Bank, welche - eben Glück in Form von Geld leiht. 


TOO SWEET TO RESIGN?



Medienmitteilungen (2010)

In Deutschland gab es “bis 2009…die GE Money Bank als Privatkundenbank des amerikanischen Grosskonzerns General Electric (GE). Im Zuge der Finanzkrise wurde die Bank an die spanische Banco Santander verkauft.“

„Mit Start am 12.7.2010 baut GE mit der GE Capital Bank wieder ein Privatkundengeschäft in Deutschland auf. Die Bank ist nicht neu - sie war bisher schwerpunktmässig  in der Mittelstandsfinanzierung tätig.“


Eine Feststellung (2011)

In Spanien beträgt die Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen (Lehr- und Hochschulabsol-venten) 44 %. Hochschulausbildung garantiert keine Stelle in Spanien. Stellenlose dieser Generation solidarisieren sich. Ein Teil des in Spanien ausgebildeten hochqualifizierten Personals wandert in die EU ab - vor allem nach Deutschland. Deutschland verspricht gegenwärtig viermal höheren Lohn und soziale Sicherheit. Jobs finden die Bewerber insbesondere in der Autoindustrie, zum Beispiel bei VW. Deutschlands Autoindustrie ist Exportweltmeisterin.


Kundenfrage an den Finanzexperten - Krisenübung zur Vertrauensbildung?

„On my latest Ryanair credit card statement, it says, that on the 7th Jan `09, GE Capital Bank was acquiered by Banco Santander SA. Does anyone know if this is just the UK credit card/ money lending arm or will they have bought all of GE Money Bank? I ask as my mortgage is with GE and wondered what (if any) effect that may have? Thanks, Mark”

Der Kunde findet folgende “Expertenantwort” und gibt sie gleich mit Bildwerbung zur Vermietung eines „Sunshine holyday apartements in Costa Almeria“ und Links für „rental owners“ zur Kenntnis. Sie lautet:

„GE Money Mortgages & Secured Loans are still managed by GE Money and are not included in the acquisition.”

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